Es ist Pride Month! Deshalb dachte ich, es wäre mal sehr interessant auf einen von Nintendos ersten LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) Charakteren einzugehen. Man mag es nicht glauben, aber tatsächlich geht diese Story schon in die 80er zurück, lange bevor LGBT Charaktere in Videospielen alltäglich waren. Und dies geschah auch nicht in einem unbekannten Spiel, sondern in einem Haupttitel der Super Mario Reihe.
LGBT-Charaktere von Nintendo
Aber fangen wir mal von vorne an. Nach dem Erfolg von „Super Mario Bros.“ im Jahr 1985 war für Nintendo klar: Es muss ein Nachfolger her. Kurzerhand erstellte man „Super Mario Bros. 2“, welches in Japan bereits 1986 auf den Markt kam. Doch es gab ein Problem: Das Spiel war schwer. So schwer sogar, dass man amerikanischen und europäischen Spielern nicht zutraute das Spiel genießen zu können. Um dennoch ein neues Mario Spiel für den westlichen Markt liefern zu können, musste sich Nintendo etwas einfallen lassen. Kurz zuvor entwickelten die Ersteller von „Super Mario Bros.“ ein Spiel namens „Yume Kōjō: Doki Doki Panic“ mit den Maskottchen der von Fuji Television organisierten Fernsehveranstaltung „Communication Carnival Yume Kōjō ’87“ in der Hauptrolle. Dieses Spiel erschien nur in Japan und so bot es sich an, diese Maskottchen durch Mario, Luigi, Toad und Peach zu ersetzen und im westlichen Markt als „Super Mario Bros. 2“ zu verkaufen. Später erschien das japanische „Super Mario Bros. 2“ auch unter dem Namen „Super Mario Bros. The Lost Levels“ außerhalb Japans und das westliche „Super Mario Bros. 2“ unter dem Namen „Super Mario Bros. USA“ in Japan.
Die Charakter-Wandlungen
Viele der für „ Yume Kōjō: Doki Doki Panic“ erfundenen Charaktere fanden so ihren Weg in das Mario-Universum und tauchten auch in späteren Spielen auf. Zu diesen Charakteren gehören Shy-Guys, Snifits, Ninjis, Bob-Ombs, Pokeys und auch der Charakter auf den wir uns heute konzentrieren: Birdo.
Die Anleitung des westlichen „Super Mario Bros. 2“ beschrieb Birdo wie folgt:
„Er denkt, er sei ein Mädchen und spuckt Eier aus seinem Mund. Er würde lieber „Birdetta“ genannt werden.“
Aus heutiger Sicht könnte solch eine Beschreibung für beleidigend empfunden werden. Aber trotzdem wird daraus eine Sache klar: Birdo ist transgender. Auch bleibt Birdos Geschlechtsidentität noch lange nach ihrem ersten Auftritt ein Grund zur Diskussion. Die Beschreibung ihrer Trophäe in der englischsprachigen Version beschreibt Birdos Geschlecht als „unbestimmt“ und benutzt das Pronomen „es“ um sich auf sie zu beziehen. Dann gibt es noch Captain Rainbow…
Das Rätsel um Birdo
Captain Rainbow ist ein Japan-exklusives Wii-Spiel. Es geht um Nick, welcher ebenfalls ein Superheld namens Captain Rainbow ist. Er verliert in seiner Heimat an Beliebtheit und reist deshalb nach Mimin Island, wo Träume wahr werden können. Dort trifft er auf eine Reihe von Nintendo Charakteren, welche über die Zeit in Vergessenheit geraten sind. Mit dabei ist Birdo, welche von einem Polizisten verhaftet und eingesperrt wurde, weil er gesehen hat, wie sie die Damentoilette betreten hat und sie für einen Mann hielt. Auch Birdos Stimme deutet eher auf einen wütenden Mann hin. Natürlich bittet sie Nick, ihr aus dem Käfig zu helfen. Dafür muss man dem Polizisten beweisen, dass es sich bei Birdo um eine Frau handelt. Doch wie beweist man sowas? Die Lösung für dieses Rätsel besteht darin, zu Birdos Haus zu gehen und das vibrierende Kissen zu untersuchen, unter welchem sich ein zensierter Gegenstand befindet, welcher dem Polizisten als Beweis ausreicht. Ich erspare mir an dieser Stelle weitere Kommentare…
Auch heutzutage gibt es noch Verwirrung um Birdo. In einem ihrer aktuellsten Auftritte, Super Mario Party, werden verschiedene Pronomen in verschiedenen Übersetzungen benutzt, um Birdo zu beschreiben. So wird Birdo in der Britischen und Niederländischen Version mit männlichen, und in der Kanadischen und US-Version mit weiblichen Pronomen beschrieben. Andere Sprachen, wie Spanisch oder Japanisch, verzichten auf Geschlechtspronomen und lassen Birdos Identität somit offen.
Super(toleranter) Mario
Zwar gibt es mehrere Mario-Charaktere welche verschiedene Geschlechter in verschiedenen Sprachen haben, aber ein weiteres Beispiel ist dennoch äußerst nennenswert. In „Paper Mario: Die Legende vom Äonentor“ existiert eine Gruppe von Hexenschwestern, genannt „Das Schattentrio“. Die jüngste Schwester, Barbara, wird im Verlauf des Spiels mehrmals von ihren Schwestern gemobbt und für jegliches Versagen schuldig gemacht. Später wechselt sie die Seiten und schließt sich Mario an, da sie sich von ihm akzeptiert fühlt. Warum ihre Schwestern überhaupt so einen Hass auf sie pflegen wird in den meisten Versionen des Spiel nie erläutert. In manchen Übersetzungen sowie der japanischen Originalversion des Spiels wird der Grund allerdings klar: Barbara wurde als Junge geboren, hat sich allerdings zur Frau umwandeln lassen. Ihre Schwestern akzeptieren ihre Identität nicht und beschimpfen sie immer noch als „Mann“. Selbst Gumbrina, welche im Spiel Informationen über jegliche Charaktere im Spiel preisgibt, ist von Barbaras Geschlecht verwirrt.
Es ist unklar, wie Nintendo nun offiziell zu Birdo und Barbara steht. Dennoch fände ich es interessant, wenn Birdo wieder in einigen Spielen eine Hauptrolle bekäme und dieses Thema respektvoll behandelt wird. Vielleicht fängt Nintendo sogar irgendwann mal an, sie endlich Birdetta zu nennen. Was Barbara angeht bleibt zu hoffen, dass sie einen Auftritt im kommenden „Paper Mario: The Origami King“ hat. Sollte es außerdem je ein Remake ihres Debutspiels geben, würde ich es sehr schätzen wenn ihre Transgender-Identität auch in anderen Sprachen beibehalten wird. Wie es mit Repräsentation zukünftiger Charaktere aussieht, das bleibt abzuwarten.
Niklas, der Nintendo-Nerd