Hört man die Worte „Super Nintendo“ und „Online“ zusammen, kommt einem vielleicht der Nintendo Switch Online Service in den Sinn, durch welchen man eine große – wenn auch teils fragwürdige – Auswahl an Nintendo Entertainment System (NES) und Super Nintendo Entertainment System (SNES) Spielen auf der Switch spielen kann. Sogar mit Online-Multiplayer Funktion! Doch darüber will ich heute nicht reden.
Zu sagen, dass man Spiele über das Internet offiziell auf dem Super Nintendo im Jahre 1995 spielen konnte, mag genau so absurd klingen wie die Behauptung, Nintendo hätte eine der ersten Gaming VR-Brillen auf den Markt gebracht – doch beides stimmt. Über die besagte VR-Brille habe ich sogar bereits berichtet, nun schauen wir uns Nintendos Online-Service aus den Neunzigern an. Diejenigen unter euch, die aktiv zur Zeit des SNES mit dem guten Kasten gespielt haben mögen sich nun wundern, warum sie von alldem damals nichts mitbekommen haben. Deshalb vorweg: Der Online-Spaß beschränkte sich ausschließlich auf Japan.
Was ist das Satellaview?
Ermöglicht wurden diese Online Funktionen mithilfe eines Add-Ons für das SNES (bzw. „Super Famicom“, wie es die Japaner nennen), welches den Namen „Satellaview“ trägt. Wie bereits erwähnt, erschien es 1995 und das exklusiv in Japan. Neben Nintendo selber arbeitete auch die japanische Satellitenradiofirma St.GIGA an dem Satellaview.
Was konnte das Satellaview?
Das Menü des Satellaview war recht charmant in Form einer erkundbaren Stadt gestaltet, welche von der Optik stark an „EarthBound“ erinnert. Gesteuert hat man hier je nach Wahl einen männlichen oder weiblichen Charakter. Durch Interaktion mit den verschiedenen Gebäuden konnte man auf die Dienste des Systems zugreifen, welche per Satellit empfangen wurden. Diese äußerten sich in Form von Zugriff auf diverse Magazine, Newsletter, Promi-Interviews, Musik und vor allem Videospiele. Satte 114 Spiele ließen sich über das Satellaview streamen und auf Memory Packs herunterladen. Um zu verhindern, dass Spieler den Service nach einem Download sofort kündigen, gab es jedoch Beschränkungen. Einige dieser heruntergeladenen Spiele konnten nämlich nur einige Male gestartet werden, bis sie den Zugriff verweigerten und einen erneuten Download forderten. Zudem wurden manche Spiele auch nur für einen begrenzten Zeitraum gestreamt und waren nach Ablauf dessen für immer verloren. Hätten wir keine Emulation, wäre dies nun Jahrzehnte nach Einstellung des Services mit allen Satellaview Spielen der Fall. Für bestimmte Spiele waren auch sogenannte „SoundLink“ Streams verfügbar, welche zu bestimmten Zeitpunkten ausgestrahlt wurden. Hierbei handelte es sich um dieselben Spiele die auch sonst verfügbar waren, jedoch nun mit exklusiver japanischer Vertonung. Dadurch erhielten Spiele beispielsweise einen Erzähler, oder Dialoge von Charakteren wurden von Synchronsprechern vorgelesen. Diese Versionen der Spiele sind heutzutage leider nicht mehr auffindbar. Für ausgewählte Spiele wurden sogar Online-Turniere gehalten, bei denen exklusive Preise gewonnen werden konnten, die dem Sieger per Post zugesandt wurden.
Die Spiele des Satellaview
Die verfügbaren Spiele waren hauptsächlich bereits existierende SNES Spiele, jedoch gab es auch einige Exklusivtitel – die meisten davon wurden nie wieder offiziell veröffentlicht. Von diesen wurden nicht alle vollständig von Fans archiviert und gelten bis heute als verschollen. Ein großer Teil lässt sich jedoch noch immer emulieren.
Ein Beispiel eines solchen Exklusivtitels wäre „Sutte Hakkun“, ein Puzzle-Platformer mit einem Kolibri ähnlichen Glasvogel als Hauptcharakter, welcher ebenfalls in Form eines sammelbaren Geistes in „Super Smash Bros. Ultimate“ ein kleines Comeback feierte.
Ein weiteres exklusives Spiel war „Kaizou Choujin Schbibinman Zero“, der vierte und letzte Teil der Mega Man-ähnlichen „Schbibinman“ Reihe, welcher 20 Jahre später im Jahre 2017 einen offiziellen limitierten Release in Japan in Form von brandneuen Super Famicom Modulen sah und somit das einzige Satellaview Spiel ist, welches nach Einstellung dessen erneut veröffentlicht wurde.
Um es kurz zu halten, hier noch einige interessante Titel im Schnelldurchlauf:
„Radical Dreamers“, eine Nebenstory zu „Chrono Trigger“.
Zwei brandneue F-Zero Titel mit „F-Zero Grand Prix 1 und 2“.
„Kirby’s Toy Box“, eine Minispielsammlung mit Nintendos pinken Gottzerstörer Kirby.
„Excitebike: Bun Bun Mario Battle Stadium“, ein Excitebike-Titel mit Mario Charakteren.
Eine Mario Version des Puzzlespiels „Same Game“.
„Itoi Shigesato no Bass Tsuri No. 1“, ein eher schlichtes Angelspiel, welches nur interessant ist, da es sich hier um das einzige Spiel außerhalb der „Mother“ bzw. „EarthBound“-Reihe handelt, an welchem der japanische Autor Shigesato Itoi zusammen mit Nintendo gearbeitet hat.
Und zu guter Letzt möchte ich über die exklusiven Zelda-Titel berichten. Zum einen gab es da „BS The Legend of Zelda“, ein Remake des ersten Zelda Spiels mit überarbeiteter Overworld und Dungeons sowie der Möglichkeit, statt Link mit dem männlichen oder weiblichen Charakter des Hauptmenüs zu spielen. Dann haben wir noch das vermutlich interessanteste Satellaview Spiel: „BS The Legend of Zelda: Ancient Stone Tablets“, ein in mehreren Episoden veröffentlichtes Spiel, welches außerdem das SoundLink Feature unterstützte. „Ancient Stone Tablets“ erzählt eine neue Geschichte in der Welt von „A Link to the Past“. Auch hier lassen sich die Charaktere des Hauptmenüs anstelle von Link steuern.
Fazit
Das Satellaview war definitiv ein interessantes Experiment von Nintendo, insbesondere wenn man die Limitationen der damaligen Zeit bedenkt. Von April 1995 bis Juni 2000 war der Service des Satellaview aktiv und hatte somit einen recht guten Lauf. Zwar erschien hierzulande nichts dergleichen, aber so ambitioniert und wahrscheinlich auch teuer wie dieses Projekt zu seiner Zeit war ist dies auch verständlich.
Niklas, der Nintendo Nerd